Ein treuer Leser meines Newsletters bat mich kürzlich zu erklären, wie man neue Narzissen züchtet. Ich habe zwar schon einmal kurz davon erzählt, aber gerne gebe ich Ihnen allen noch einmal einen ausführlicheren Einblick in die Narzissenzucht.
Eins vorweg: Jeder kann Narzissen züchten!
Wenn Sie neugierig sind und es selbst ausprobieren möchten, dann los! Es ist wirklich nicht schwer. Alles was Sie brauchen sind zwei verschiedene Narzissen und ... Geduld.
Um die Samenbildung einer Narzisse anzuregen, muss die Blüte zuallererst bestäubt werden. Schauen Sie dafür ins Innere der Blüte: Dort sehen Sie sechs Staubblätter und einen Stempel in der Mitte. Die Pollen von einer Narzissenart müssen nun auf den Stempel einer anderen Narzisse übertragen werden.
Bei vielen anderen Pflanzenarten müssen zuvor erst die Pollen der einen Blüte entfernt werden, um zu verhindern, dass sich die Pflanze selbst bestäubt. Bei der Narzisse ist das aber zum Glück nicht notwendig. In ihrer Blüte ist eine Art natürliche Barriere eingebaut, weshalb sich die Narzisse kaum selbst bestäuben kann – und das, obwohl Pollen und Stempel so dicht beieinander liegen.
Nachdem Sie die Pollen der einen Narzisse auf den Stempel der anderen aufgebracht haben, heißt es warten. Wenn der Fruchtknoten in den nächsten Wochen langsam anschwillt, hat die Befruchtung geklappt. Dieser Fruchtknoten, auch Samenkapsel genannt, befindet sich am hinteren Teil der Blüte und ist als Verdickung zu erkennen.
Wenn die Narzisse verblüht ist, schrumpft er normalerweise nach ein oder zwei Wochen … wenn er bei Ihrer bestäubten Narzisse jedoch grün bleibt und sich vergrößert, dann ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass die Bestäubung erfolgreich war.
Bis etwa Mitte Juni sollten Sie die Samenkapsel im Auge behalten. Färbt sie sich braun und schrumpft etwas, dann sind die Samen reif. Nun müssen Sie schnell sein und ernten, bevor sie von alleine aufspringt und die Samen in die Natur kullern. Besonders an einem warmen und trockenen Tag passiert das leider oft früher als man denkt.
Bewahren Sie die geernteten Samen nun in einer Schachtel oder in einem Glas an einem trockenen Ort im Haus auf. Mit der Zeit werden die glänzenden Samen ein wenig faltig, aber das macht nichts.
Im September können Sie die Kügelchen dann in einem großen Blumentopf mit Wasserabzugsloch aussäen: Sie kommen ungefähr einen Zentimeter tief in die Erde. Bringen Sie den kompletten Topf anschließend an einem geschützten Platz im Garten in den Boden: der Rand sollte noch etwas herausschauen. Während des Winters ist es ratsam, die Samen mit etwas Stroh oder Laub abzudecken. Sobald im neuen Frühjahr die Gefahr von strengem Frost vorüber ist, muss die Decke aber wieder entfernt werden.
Zur selben Zeit, wenn sich die anderen Narzissen im Garten zeigen, werden Sie auch erste Lebenszzeichen von Ihren Samen entdecken können: Kleine Halme, kleiner als ein Grashalm, mit einer runden Form und etwa 3 bis 5 Zentimetern Länge.
Ist der Spross abgestorben, graben Sie den Topf aus und stellen ihn an einen trockenen Ort im Schuppen. Die winzigen Zwiebeln, die sich unteridisch aus den Samen entwickelt haben, lassen Sie noch in der Erde: Dort sind sie bestens aufgehoben und trocknen nicht aus. Beim Ausgraben ist die Gefahr groß, dass Sie die kleinen Zwiebeln verletzen oder gar verlieren.
Im Herbst, wenn die Blumenzwiebel-Pflanzzeit beginnt, bringen Sie den Topf mit den Mini-Narzissenzwiebeln wieder in den Boden. Im kommenden Frühling werden dann schon Blätter austreiben, die tatsächlich an das Laub von Narzissen erinnern. Aber sie sind immer noch sehr klein, nur etwa so groß wie ein Grashalm.
Im dritten Jahr im Herbst wiederholen Sie das Ganze erneut. Sollte der Topf im zweiten Frühjahr schon sehr voll mit Narzissenblättern gewesen sein, können Sie die Zwiebeln jetzt auch aus dem Topf holen und direkt in den Gartenboden setzen. Die Zwiebeln, die zum Vorschein kommen, sind noch sehr klein und haben kaum Ähnlichkeiten mit den Narzissenzwiebeln, die Sie kennen – aber sie sind schon groß genug, um verpflanzt zu werden. Pflanzen Sie sie an einer geschützten Stelle im Garten etwa zwei Zentimeter tief in die Erde.
Erst im vierten Jahr ist den Zwiebeln anzusehen, dass sie Narzissen sind. Doch sie sind immer noch sehr klein und werden keine Blüte bilden. Es braucht weiterhin Geduld!
Im fünften Jahr braucht es schon etwas Glück, um erste Blüten zu sehen. Aber im sechsten Jahr ist es dann endlich soweit: Die meisten Ihrer Züchtungen werden knospen! Jede Blüte, die sich nun zeigt, ist einzigartig. Genau wie bei uns Menschen sind auch die Kinder der Narzissen ganz individuell – jedes Pflänzchen sieht anders aus.
Jetzt beginnt der beste Teil: Wenn Sie von einer Narzissen absolut überzeugt und von Ihrer Schönheit begeistert sind, mailen Sie mir bitte ein Bild. Dann komme ich vorbei und schaue sie mir persönlich an.
Also: Viel Glück bei der Zucht und bis in 6 Jahren!
Grüße aus den Blumenzwiebelfeldern
Carlos van der Veek
Ps. Manchmal ist im ersten Jahr nach der Aussaat rein gar nichts im Topf zu sehen – kein Samen ist gekeimt. Lassen Sie den Kopf dann nicht hängen, sondern bewahren Sie den Topf einfach den Sommer über trocken im Schuppen auf und pflanzen Sie ihn im Herbst wieder ein. Im zweiten Jahr werden Sie ganz bestimmt Triebe entdecken. Keine Ahnung, woran das liegt … aber manche Samen lassen sich einfach etwas Zeit und verschlummern einen Frühling. Im Jahr darauf stehen sie dann aber alle da, als ob nichts wäre. Werfen Sie sie also bitte nicht weg, sondern geben Sie ihnen eine zweite Chance.
Ach, und noch etwas: Der Ausverkauf der Sommerblumen ging in diesem Jahr wirklich sehr schnell! Aber es sind auch jetzt noch einige schöne Knollen im Fluwel-Webshop bestellbar.